Prologue, aus dem „Warten auf Godot“ (1)

 

Pozzo: Adieu! Wladimir: Adieu! Estragon: Adieu!

Schweigen. Keiner rührt sich. Wladimir: Adieu!

Pozzo: Adieu! Estragon: Adieu! Schweigen.

Pozzo: Und vielen Dank auch. Wladimir: Wir danken Ihnen. Pozzo: Nichts zu danken. Estragon: Doch, doch.

Pozzo: Nein, nein.

Schweigen.

Pozzo: Ich komme einfach nicht … er zögert … weg von hier.

Estragon: So ist das Leben.

Pozzo dreht sich um, läßt Lucky allein stehen, geht auf die rechte Kulisse zu und läßt dabei den Strick durch seine Hände gleiten.

Wladimir: Sie gehen in die falsche Richtung.

Pozzo: Ich muß einen Anlauf nehmen. Am Ende des Strickes angelangt, das heißt, in der Kulisse bleibt er stehen, dreht sich um und ruft. Gehen Sie aus dem Weg! Estragon und Wladimir stellen sich hinten hin und blicken zu Pozzo. Peitschenknall. Los! Lucky bewegt sich nicht.

Estragon: Los!

Wladimir: Los!

Peitschenknall. Lucky setzt sich in Bewegung.

Pozzo: Schneller! Er kommt aus den Kulissen wieder zum Vorschein und überquert Lucky folgend die Bühne. Estragon und Wladimir ziehen ihre Hüte, winken mit der Hand. Lucky verläßt die Bühne. Pozzo knallt mit Stick und Peitsche. Schneller! Schneller! In dem Augenblick, da Pozzo ebenfalls verschwindet, bleibt er stehen und dreht sich um. Der Strick spann sich. Geräusch Luckys, der hinfällt. Stuhl! Wladimir holt den Klappstuhl und gibt ihn Pozzo, der

ihn Lucky zuwirft! Adieu!

Estragon und Wladimir winkend: Adieu! Adieu!

Pozzo: Auf! Schwein! Geräusch Luckys, der wieder aufsteht. Los! Pozzo verschwindet. Peitschenknallen. Los, voran! Adieu! Schneller! Schwein! Hüh! Adieu! Langes Schweigen.

Wladimir: So ist die Zeit vergangen. Estragon: Sie wäre sowieseo vergangen. Wladimir: Ja. Aber langsamer!

Pause.

Estragon: Was sollen wir jetzt machen?

Wladimir: Ich weiß nicht. Estragon: Komm, wir gehen. Wladimir: Wir können nicht. Estragon: Warum nicht? Wladimir: Wir warten auf Godot. Estragon: Ach ja.

Pause.

Wladimir: Sie haben sich sehr viel verändert.

Estragon: Wer?

Wladimir: Die beiden.

Estragon: Das ist es, laß uns ein bißchen Konversation machen. Wladimir: Findest du nicht, daß sie sich sehr verändert haben?

Estragon: Ist möglich. Nur wir ändern uns nie.

Wladimir: Möglich? Es ist sicher. Du hast sie doch gut gesehen?

Estragon: Mag sein. Aber ich kenne sie nicht.

Wladimir: Natürlich kennst du sie.

Estragon: Ich kenn sie nicht.

Wladimir: Wir kennen sie, sag ich dir. Du vergißt alles.

Pause.

by the bye, adieu au genre

 

Die Regeln, die jedes Genre definieren, werden überwunden. Die Prinzipien, die das Wesen des Genres durchsetzen, werden umgangen.
Das Genre wird von der Ferne betrachtet, aber die Verbindung wird durch einen Faden gehalten.

Die Teile von den Vorgängen werden wie Stückchen aus einer Explosion zerteilt und diese Teile werden dann mit Interdisziplinär-­‐Genre-­‐Ästhetik gestaltet. Die Montage, die unsere Wahrnehmung von Zeit, Raum und Ereignissen erzeugt, spielt selber mit sich und mit dem Zuhörer; sie lässt den Zuhörer allein. FlashBack, FlashForward; um den Prozess neu zu charakterisieren. Das Spiel geht weiter, bis wir uns nicht mehr mit der Reihenfolge der Ereignisse vertraut machen können. Ein anderes Spiel, das sich nach der Vernachlässigung der Prinzipien des Genres ereignet, ist Zeitdilation und Zeitkontraktion; mit dem Gebrauch von Akkumulation und deren Antagonismus, dem Monolog.
Die Monologe werden dann nach einer gewissen Zeit vergraben; unter dem Gewicht der
Masse. Aber nur manchmal! Monologe haben verschiedene Darstellungsweisen und Charaktere. Aber alle dehnen die Zeit, sodass die Ohren wehtun von der Leere! Es geht nicht um die Aussage, sondern um die Art wie der Monolog illustriert wird. Ähnlich wie die Monologe beim Absurden Theater, wie die Stücke von Ionesco und co!

Die Unterbrechungen werden im Kontext zur Montage-­‐Ästhetik betrachtet.
Wenn der Schnitt als ein Element definiert wird, kann er verschiedene Charaktere annehmen. Ob die Schnitte zahnradmäßig, seifig, hinkend oder ruckartig zusammengestellt werden, wird durch entschieden. Konstruktive Montage steht im Gegensatz zur Analytischen Montage und wurde von als eine Form der Schnitt-­‐Ästhetik verwendet. Wenn diese Schnitte eine noch wichtigere Rolle spielen iund daher sehr nachdrücklich eingesetzt werden, entsteht eine neue Ästhetik. Die „Soviet Montage Theory“ oder der Film „Film Socialisme“ von Jean Luc Godard verkörpern diese Technik.

An diesem Punkt wird die Gewichtigkeit der flüssigen Verbindung von Form, Inhalt und Stil ermittelt und die „Stilistische Komplexität“ definiert. Die Dualität und die Bipolarität zwischen den Begriffen: Form, Inhalt und Stil verschwinden. Wenn die drei Begriffe die Möglichkeit bieten, können verschiedene Ebenen mit verschiedenen Elementen aus verschiedenen Musikrichtungen mit einander interagieren.

Eine Interdisziplinär-­‐Genre-­‐Ästhetik ist nicht auf eine bestimmte Genre-­‐Ästhetik begrenzt sondern sie wird erst durch die Kombination der verschiedenen Genre strukturiert. Sogar außerhalb eines bestimmten Kunstmediums. Außerdem können sich die Regeln und die Strategie des Spiels auch innerhalb des Werkes verändern.
Stil ist das Prinzip der Entscheidung im Kunstwerk, die Signatur des künstlerischen Willens. Und da der menschliche Wille einer unendlichen Zahl von Haltungen fähig ist, gibt es für das

Kunstwerk eine unendliche Zahl möglicher Stile.(2)

Ein Aspekt der Interdisziplinär-­‐Genre-­‐Ästhetik erscheint in der Anwendung der Satire in vielfältiger Form. Einerseits bleibt die Ironie und andererseits wird sie mit verschiedenen Musikrichtungen wie Rituale Musik, Techno oder Death Metal kombiniert.

Neben dem Begriff Ästhetik wurde in der Kunstgeschichte der Begriff Ethik(Moral) definiert. Der Ursprung bildet die „Mnemotechnische Funktion“.
Moral bedeutet ein gewohnheitsmäßiges oder chronisches Verhalten (in Gefühl und Tat). Die
Moral ist ein Kodex der Handlungen, des Wertens und der Gesinnung, durch den wir in gewisser Weise unseren Handlungsweisen Nachdruck verleihen.(3)
Neben den Prinzipien des Genre wird auch die Moral, die noch in der zeitgenössischen Musik beibehaltet wird, reduziert. Das Spannung-­‐Entspannungsprinzip, die ABA Denkweise, klar entwickelte Prozesse, etc. werden allerdings als eine ungeschriebene Übereinkunft generell immer noch berücksichtigt.

Die Ebenen und die Linien, die sich bei dem Stück ineinander winden, sind lebendig. Von Zeit zu Zeit werden sie voneinander beeinflusst und interagieren miteinander. Auf diese Weise wird das Bild der Ebenen, das wir uns in den ersten Minuten gebildet haben, neu definiert.

Entweder alles oder nichts! Mit einem kurzen Blick oder durch das Hören einzelner Ausschnitte kann nicht das Werk im Gesamten nachvollzogen werden.

 

 

  1. Beckett, Sam: Theaterstücke. 1. Aufl., Frankfurt a. M.: Suhrkamp Taschenbuch 1995, S. 51.
  2. Sontag, : Kunst und Antikunst. 24 literarische Analysen. Deutsch von Mark W. Rien. 10. Aufl., Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch Verlag 2012, S. 42.
  3. Sontag: a. O., S. 33.